Philosophie

Die Grace Stiftung will Projekte nicht nur finanziell fördern, sondern auch als Katalysator für unser Denken in Bezug auf Geld fungieren. Deswegen möchten wir unseren philosophischen Quellen einen angemessenen Raum geben.

Hier stellen wir Ideen von Denkern aus diesem Bereich vor, die uns inspirieren.

Eine neue Ökonomie braucht eine gänzlich neue kulturelle Basis. Wir glauben, dass die folgenden Texte einen Beitrag dazu leisten.

aus dem Buch „Grace – Pilgerschaft für eine Zukunft ohne Krieg“

„Die Pilgerreise sollte uns nach Israel-Palästina führen, in das so genannte heilige Land, eine Region, die seit langer Zeit von Krieg, Konflikten, Kampf und Trennung bestimmt ist. Sollte eine Pilgerreise in diesem Land im Sinne der inneren und äußeren Friedensarbeit erfolgreich sein, brauchten wir eine spirituelle Quelle, die uns auch in schwierigen Situationen richtig und heilend handeln ließ. Auf der Suche nach einem Namen für die Pilgerschaft stießen wir auf den Namen GRACE.

GRACE hat viele Bedeutungen und umfasst mehr als das Wort Gnade im Deutschen.

GRACE: Gnade, Gunst, Anmut, Charme, Bereitwilligkeit, Entgegenkommen, Nachsicht, Grazie. Grace bezeichnet auch den Akt der Gnade selbst.

GRACE erinnert mich daran, dass ich im Dienste einer höheren Sache unterwegs bin, im Dienst des Lebens und seiner Gerechtigkeit.

Diejenigen, die im Namen von GRACE unterwegs sind, kommen nicht, um zu richten. Sie kommen nicht, um dem Land oder dem Ort oder den Menschen neue Ideologien überzustülpen, sondern sie kommen im Dienst der Öffnung, der Wahrnehmung und Unterstützung. GRACE bringt eine Verpflichtung mit sich, den Krieg nicht zu schüren, sondern zu beenden, wo immer du bist. Im Namen von GRACE bin ich immer auf der Suche nach einer gewaltfreien Lösung: einer Lösung, die Gerechtigkeit und Heilung schafft und allen Beteiligten dient.

Dazu ist niemals Verurteilung, manchmal aber ein klares Urteil nötig.

GRACE sagt: Ich bin gewillt, den Krieg zu beenden und zu verstehen, durch was er beendet werden kann, und ich stelle mich in den Dienst dieser Lösung.

Wie tief du mit diesen Entschluss schon getroffen hast, das kannst du daran prüfen, wie du reagierst, wenn du meinst, dass dich jemand verletzt oder ungerecht behandelt hat. Nur allzu schnell sind wir bereit, unsere Entschlossenheit zum Frieden zu vergessen und in den kleinen oder großen Krieg einzutreten.

Dazu nur ein kleines, humorvoll gemeintes Beispiel: Wenn du zu hören bekommst, dass man den Wagen eines fernen Bekannten gestohlen hat, nimmst du es vermutlich relativ gelassen hin.
Wenn du hörst, dass das Auto deines besten Freundes gestohlen wurde, bist du vermutlich schon mehr aus der Ruhe zu bringen, aber vielleicht noch gelassen genug, um ihm ein paar weise Ratschläge zu erteilen. Wenn dein eigenes, heiß geliebtes Auto gestohlen wurde, ist es vermutlich für einige Zeit vorbei mit dem inneren Frieden. Die tief greifenden Weichenstellungen spielen sich auf ganz anderen Stockwerken des Bewusstseins ab. Wir können aber mehr über die Zusammenhänge im Großen verstehen, wenn wir im Kleinen gelernt haben, Zeuge unserer selbst zu sein.

GRACE ist nicht vom Menschen gemacht.

GRACE verweist immer auf die höhere Ordnungsebene des Lebens selbst.

Nicht ich, das Leben selbst möge richten.

Wo auch immer ich bin und hinkomme, ich lege zunächst einmal meine Voreingenommenheiten und Vorurteile zur Seite. Ich komme nicht mit vorgefassten Meinungen, wer der andere ist oder nicht ist, ich mache diese Meinungen nicht zum Maßstab für mein Handeln.

Auf meiner gesamten Pilgerschaft habe ich mich immer wieder darin geübt, in jedem Menschen den Christus zu sehen, egal, wo ich hinkomme:

Als erstes suche ich den Menschen auf, der gerade mein Gegenüber ist, und lasse mich von seiner Geschichte berühren. Dazu verankere ich mich so weit wie möglich ganz in diesem Augenblick. Immer wieder stelle ich mir vor, dass der andere, der mir gerade gegenüber sitzt, auch ich sein könnte. Ich könnte eine Siedlerin sein, eine Palästinenserin, eine junge Israelin, die gerade ins Militär eintritt. Ich könnte der Soldat sein, der gerade mit Tränengas auf die palästinensischen Kinder geschossen hat. Hinter all den Rollen und Masken der Entfremdung suche ich den Menschen in seinem Kern.

Diese Art der Gegenwärtigkeit gelingt keineswegs immer. Wie oft war ich empört über die Weltanschauung, die mir da entgegen gebracht wurde, z.B. von einem extrem gesinnten Rabbi oder einem fanatischen Moslem. Oder wie oft entdeckte ich in meinem Innern Abwehr und reagierte mit Widerwillen auf die nicht endenden Anklagen und Leidensgeschichten der Palästinenser in der Westbank oder auf die fanatischen Reden eines Siedlers.

GRACE verlangt nach Selbsterkenntnis. Und diese Selbsterkenntnis ist nicht immer leicht. Fehler bei anderen zu entdecken, ist um vieles angenehmer und leichter, als sich selbst zu enttarnen. Als ich vor einem jungen Offizier saß, der mit voller Überzeugung die ideologischen Werte seines Staates erklärte, wollte in mir alles aufschreien vor Wut und Empörung. Dann fiel mir plötzlich ein: Er könnte dein Sohn sein. Und sofort sah ich den Menschen.

Das ist der erste Schritt, der Öffnung schafft. Jetzt kommt es darauf an, ob ich in der Lage bin, ihm angstfrei die Wahrheit zu sagen, die ich sehe.

Wenn ich im Namen von GRACE unterwegs bin, versuche ich in erster Linie den Menschen zu treffen und mich von ihm berühren zu lassen und nicht von seiner Weltanschauung, die er vertritt. Wenn unsere Treffen mit Weltanschauungsdebatten begannen, war alles verloren. Niemand hörte mehr zu, stattdessen begann ein emotionales Tohuwabohu. Die Begegnungen verliefen vollkommen anders, wenn die menschliche Berührung stattgefunden hatte. Hier geschieht GRACE.

Ich lasse mich berühren und versuche zu berühren. Wenn immer es mir möglich ist, betrete ich jeden Ort mit geöffnetem Herzen.

Das ging mir bei den Soldaten oder Offizieren genauso, wie es mir bei palästinensischen Bauern oder Farmern erging oder bei den Siedlern.

GRACE kommt aus der Kraft und der Verbundenheit mit der Quelle des Lebens.

Man darf dies nicht verwechseln mit einer ängstlichen Haltung, in der man sich nicht traut zu sagen, was man sieht, und die Ungerechtigkeiten beim Namen zu nennen.

Im Zustand von GRACE verurteile ich nicht, aber ich habe den Mut, die Wahrheit zu sagen. Ich möchte die Wahrheit so sagen, dass sie den anderen erreicht und verändert, und nicht, um Recht zu haben und damit den Krieg weiter zu schüren. In unserer alltäglichen Wirklichkeit schotten wir uns gegen beide Seiten ab, sowohl gegen die Wahrheit des Opfers als auch gegen die Seite des Täters, und stülpen sofort unsere Weltanschauung darüber. Hauptsache, unser Weltbild stimmt. Das ist unser Schutz vor wirklicher Berührung. Nur weil wir schon so verschlossen sind, können wir überhaupt noch die Nachrichten ertragen. Wir sind erleichtert, wenn wir die Guten und die Bösen unterscheiden können.
Dann leben wir unser gepflegtes Alltagsleben, und wenn wir irgendwo einen sozialen Aspekt in unserem Leben eingebaut haben, halten wir uns für gute Menschen. Auf diese Weise entsteht der schleichende Faschismus unserer Zeit: die Gleichgültigkeit. Die Menschen schließen ihre gut bürgerlichen Haustüren vor der Realität. Sie tun es, bis auch sie plötzlich erfasst werden von der Welle des wahren Lebens, das sie immer unterdrückten und das sich durch die Unterdrückungen jetzt von seiner grausamsten und gewalttätigsten Seite zeigt.

Nicht das Leben selbst ist grausam, aber das unterdrückte Leben erscheint grausam und gewalttätig. Es zeigt sich in den Ehekrisen, in Krankheit, steigender Selbstmordrate, psychischen Erkrankungen, Alkoholismus oder sonstigen Erscheinungsformen. Bis wir erwachen.

GRACE erinnert uns daran, dass hinter dieser schrecklichen Dimension unserer Kultur, die bald keine Auswege mehr zu bieten scheint, eine andere Wahrheit und Wirklichkeit waltet. Es ist eine sehr einfache Wahrheit, die überall dieselbe ist. Wir vergessen bei unserer Meinungsbildung fast immer, dass wir uns auf einer Deutungsebene befinden. Die Wahrheit liegt jenseits aller Meinungen. Die Wahrheit unterscheidet sich von Ideologien dadurch, dass sie schlicht und einfach wahr ist. Es war erschütternd für mich zu sehen, dass der Konflikt in den meisten Fällen immer neu entfacht wurde durch die Weltanschauungen und Überzeugungen, die man sich um die Ohren ballerte. Aus unserer Angst vor der Wahrheit des Lebens erklären wir unsere Meinungen und Ansichten zur Wahrheit, für die wir bis zum Letzten kämpfen; so entsteht der psychologische Krieg, der schließlich im realen Krieg mündet. Wir halten für wahr, was mit Wahrheit nichts zu tun hat. Es sind die Geschichten unserer Sozialisation, mit denen wir uns identifizieren.

Du schaust auf einmal in den verzerrten Spiegel einer Menschheit, die sich von ihren Wurzeln getrennt hat. Überall schaust du in dasselbe Grundmuster von Angst, von Wut, von Ohnmacht und Verletztheit und dem daraus resultierendem Krieg mit seinen zerstörerischen Racheakten. Es ist das unterdrückte Leben selbst, das, um überleben zu können, die Rache wählt. Hier nutzen keine moralischen Appelle. Du musst dir nur einmal vorstellen, dein Kind würde vor deinen eigenen Augen getötet. Ist nicht dein erster und stärkster Impuls die Rache?

Du siehst es überall in mehr oder weniger schlimmen Formen, aber das Grundmuster ist überall dasselbe. Es offenbart sich hinter allen Ideologien, hinter allen Religionen, hinter allen Weltanschauungen; wir sind alle gleichermaßen Opfer der imperialistischen Kultur geworden.
Und hinter dieser rollenden Lawine, die hinwegrast über die Krisengebiete dieser Erde und die die Erfahrung des Schmerzes in die Geschichte von Opfern und Tätern schreibt, hinter all diesem triffst du überall auf denselben Hunger. Hunger nach Leben, Hunger nach Liebe, Hunger nach Vertrauen und Heimat, Hunger nach Anerkennung, Hunger danach, gesehen zu werden und verstanden zu werden. Dieser Hunger ist unabhängig von jeder Kultur. Er ist einfach da. In jedem Menschen, so wahr er noch Mensch geblieben ist.

GRACE erinnert dich immer daran.

GRACE ist wie eine bewusst gewählte Naivität, die dir hilft, dich nicht in dem Meer von Weltanschauungen zu verirren und hinter allem die elementare und einfache Wahrheit zu sehen und zu hüten. Du schaffst Öffnungen für den Schrei nach Leben. Du siehst den kollektiven Schmerzkörper vor dir, der den Juden ihr fürchterliches Schicksal bescherte. Du siehst den Kollektivwahn der Deutschen darin, die bis heute als Volk nicht in der Lage waren, ihre Vergangenheit wirklich zu sehen und zu heilen. Du siehst die Folgen einer falsch gelaufenen patriarchalen Religion und Kultur, zu der die Kriege gehören wie das Naturspektakel eines fantastischen Gewitterhimmels, und das seit Tausenden von Jahren.

Die Geschichte von Opfern und Tätern und die Identifizierung mit ihnen müssen beendet werden. Hier wartet die Weltgeschichte auf die große Transformation, das große Erwachen.

GRACE ERINNERT DICH IMMER DARAN, DASS DIESE WANDLUNG NICHT AUS EIGENER KRAFT GESCHEHEN KANN.
GRACE erinnert dich an die Heiligkeit des Lebens selbst in jedem Augenblick.
GRACE erinnert dich daran, dass es einen Ausweg aus der Sackgasse nur geben kann, wenn es menschheitlich gelingt, zurückzukehren zu den wahren Grundlagen des Lebens und der Liebe, des Vertrauens und der Wahrheit.

GRACE ist die Kraft des langem Atems, der durchhalten kann, weil er am Horizont der Geschichte eine neue Morgenröte sieht, eine paradiesische Kultur der Liebe und der Nächstenliebe, eine Kultur, die Unterschiede achtet und doch ihre einheitlichen Werte des Lebens anerkennt.
GRACE ist wie die Nabelschnur, die uns mit dieser Vision verbindet und uns schon jetzt aus ihrem Geist, aus ihrer Neuheit, Fülle und Schönheit handeln lässt.“

Das Ziel dieses Buches ist es, Geld und Wirtschaft genauso heilig wie alles andere im Universum zu machen.

Heute verbinden wir mit dem Geld das Profane – und das mit gutem Grund. Wenn überhaupt etwas auf dieser Welt heilig ist, dann sicher nicht das Geld. Geld scheint ein Feind unserer guten Absichten zu sein. Das sehen wir jedes Mal, wenn der Gedanke “Ich kann es mir nicht leisten…” einen gutherzigen oder großzügigen Impuls unterdrückt. Geld scheint sich auch nicht mit Schönheit zu vertragen, wie das schon am abwertenden Begriff “Ausverkauf” deutlich wird. Geld scheint jegliche sinnvolle gesellschaftliche und politische Reform zu verhindern, weil mächtige Konzerne die Gesetzgebung zugunsten ihrer eigenen Profitmaximierung beeinflussen. Geld scheint die Erde zu zerstören: Wir plündern die Ozeane, die Wälder, den Boden, und missbrauchen Tiere und Pflanzen, um eine Gier zu befriedigen, die keine Grenzen kennt.

Spätestens seit Jesus die Geldwechsler aus dem Tempel warf, scheint klar, dass Geld etwas Unheiliges an sich hat. Wenn Politikern das Geld wichtiger ist, als das Wohl der Menschen, dann nennen wir sie korrupt. Wir assoziieren Geld ganz selbstverständlich mit Adjektiven wie “schmutzig” oder “dreckig”. Mönche sollen möglichst wenig damit zu tun haben: “Ihr könnet nicht Gott dienen und dem Mammon.”

Zugleich lässt sich nicht leugnen, dass dem Geld auch eine seltsame Magie innewohnt: die Macht, menschliches Verhalten zu ändern und menschliches Tun zu koordinieren. Von alters her staunten Denker darüber, wie nichts als ein reines Zeichen auf einer Metallscheibe oder einem Stückchen Papier diesen Dingen so große Macht verleihen kann. Aber wenn man die Welt rundherum ansieht, fällt es schwer, nicht zu dem Schluss zu kommen, dass die Magie des Geldes eine teuflische ist.

Wenn wir Geld in etwas Heiliges verwandeln wollen, wird es also einer gewaltigen Revolution, einer Transformation der grundlegenden Eigenschaften von Geld bedürfen. Es wird nicht reichen, wenn wir unsere Einstellung gegenüber dem Geld ändern, wie uns manche Gurus und Selbsthilfegruppen glauben machen. Wir werden auch neue Arten von Geld schaffen, die diese veränderte Grundhaltung ausdrücken und verstärken. “Die Heilige Ökonomie” beschreibt dieses neue Geld und die damit einhergehende neue Wirtschaftsform. Das Buch zeichnet auch die Metamorphose unserer Identität als Menschen nach, die sowohl Ursache als auch Folge der Transformation des Geldes ist. Die neue Geisteshaltung, von der ich spreche, rührt an den Kern dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein: Was ist der Sinn des Lebens? Welche Rolle spielen wir Menschen auf diesem Planeten? In welcher Beziehung stehe ich zu den anderen Menschen und zur Natur? Was bedeutet es eigentlich, ein Individuum zu sein, was bedeutet “Ich”? Wir erleben Geld (und Eigentum) fast als einen erweiterten Teil von uns selbst; daher verwenden wir hier auch das Pronomen “mein”, mit dem wir auch den eigenen Arm oder Kopf bezeichnen. Mein Geld, mein Auto, meine Hand, meine Leber. Wir erleben es wie eine körperliche Verletzung, wenn wir beraubt oder “übers Ohr gehauen” worden sind.

Weil Geld so sehr Teil unserer Identität und so zentral für das Funktionieren unserer Welt ist, hätte eine Transformation vom profanen zum heiligen Geld tatsächlich weitreichende Folgen. Aber was bedeutet heilig in Bezug auf Geld – oder überhaupt: Was heißt heilig? In einem grundlegenden Sinn meint es das Gegenteil dessen, was man mittlerweile unter dem Begriff heilig versteht. Über tausende Jahre hinweg wurden Begriffe wie “heilig”, “geweiht” und “göttlich” zunehmend verwendet, um etwas zu beschreiben, das im Gegensatz zur Natur, zur Welt und zum Körperlichen steht. Vor drei- oder viertausend Jahren verließen die Götter die Seen, Wälder, Flüsse und Berge und wurden – statt selbst der Inbegriff von Natur zu bleiben – im Himmel zu kaiserlichen Herrschern über die Natur. Als sich das Göttliche von der Natur trennte, wurden die weltlichen Angelegenheiten unheilig. Der Mensch war nicht länger ein lebendiges Wesen, sondern wurde zu einer profanen

Hülle, einem Gefäß für den Geist reduziert. Diese Vorstellung gipfelte einerseits im kartesianischen Bewusstseinsstäubchen, das die Welt beobachtet, ohne an ihr teilzunehmen, und parallel dazu bei Newton im Uhrmacher-Gott, der dasselbe tut. Göttlich zu sein bedeutet seither übernatürlich und immateriell zu sein. Wenn Gott überhaupt in die Welt eingreift, dann über Wunder – göttliche Einmischungen, die die Naturgesetze verletzen oder aufheben.

Und doch soll es gerade dieser abgespaltene, abstrakte “Geist” sein, der die Welt belebt. Fragt man eine religiöse Person, was sich ändert, wenn jemand stirbt, dann wird sie sagen, dass die Seele den Körper verlassen hat. Fragt man sie, wer den Regen fallen und wer den Wind wehen lässt, wird sie antworten: Gott. Zwar wurde Gott von Galileo und Newton scheinbar aus diesen alltäglichen Abläufen herausgenommen, indem sie das Geschehen in der Welt zum Uhrwerk in einer gigantischen Maschine aus Kräften und Masse erklärten; trotzdem brauchte es immer noch einen Uhrmacher, der es zu Beginn einmal aufgezogen hat, der das Universum mit der Energie versorgt hat, die seither alles bewegt. Diese Vorstellung haben wir auch heute noch, sie heißt jetzt Big Bang Theorie: Auch hier ist ein ursprüngliches Ereignis die Quelle der negativen Entropie, durch welche die Bewegung und das Leben ermöglicht werden. Jedenfalls wird auch in unserer Kultur der Geist als etwas Eigenständiges gesehen. Er ist nicht von dieser Welt, und doch kann er das Stoffliche auf wundersame Weise beeinflussen, er belebt die Materie sogar und lenkt sie auf mysteriöse Weise.

Wie ironisch und gleichzeitig wie bezeichnend: Das einzige auf diesem Planeten, das der früheren Vorstellung vom Göttlichen am nächsten kommt, ist ausgerechnet das Geld. Es ist eine unsichtbare, unsterbliche Kraft, die alles umgibt und lenkt, allmächtig und uneingeschränkt, eine “unsichtbare Hand”, die, wie man sagt, die Welt regiert. Unser Geld heute ist abstrakt – höchstens Zeichen auf einem Stück Papier, aber meistens überhaupt nur mehr Bits im Computer. Es existiert in einer vom Stofflichen abgehobenen Sphäre. Dort bleibt das Geld unberührt von den wichtigsten Naturgesetzen: Es verfällt und verrottet nicht wie alle anderen Dinge, sondern es bleibt beständig und unverändert in seinen Tresoren oder im Computer, und es wächst dank der Zinsen mit der Zeit immer weiter. Ewige Haltbarkeit und immerwährendes Wachstum sind seine Merkmale, die beide grundsätzlich widernatürlich sind. Ein natürliches Element, das diesen Eigenschaften am nächsten kommt, ist Gold, das nicht rostet, nicht matt wird und nicht verdirbt. Früher wurde Gold daher für beides verwendet, als Geld und als Symbol für das Göttliche, unzerstörbar und unveränderbar.

Die göttliche Eigenschaft des Geldes, abstrakt und jenseits der realen stofflichen Welt, gipfelte in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts, als die Finanzwirtschaft ihre Verankerung in der Realwirtschaft verlor und eine eigene Dynamik entwickelte. Die unvorstellbaren Reichtümer in der Wall Street hatten keinen Bezug zu irgendeiner materiellen Produktion mehr, sie existierten in einer Parallelwelt.

Die Finanziers schauten herab von ihren olympischen Höhen und nannten sich selbst die Herrscher des Universums. Mit der Macht des Gottes, dem sie dienten, brachten sie den Menschen Glück oder Verderben, sie versetzten im wörtlichen Sinne Berge, rodeten Wälder, änderten den Lauf von Flüssen, und sie entschieden über den Aufstieg und Niedergang von Nationen. Das Geld erwies sich jedoch bald als launischer Gott. Während ich diese Zeilen schreibe, scheinen die Rituale wirkungslos zu sein, mit denen die Finanzpriesterschaft immer verzweifelter den Gott Geld zu besänftigen versucht. Wie die Geistlichkeit einer untergehenden Religion fordern sie von ihren Anhängern immer größere Opfer, während sie ihre missliche Lage entweder auf die Sünden (gierige Bankiers, verantwortungslose Konsumenten) oder sie auf die unergründlichen Launen Gottes (den Finanzmärkten) zurückführen. Aber manche haben schon begonnen, die Priester selbst zu beschuldigen.

Was wir Rezession nennen, hätte eine frühere Kultur vielleicht damit erklärt, dass Gott die Welt im Stich gelassen hat. Geld verschwindet, und mit ihm eine andere Eigenschaft des Geistes: die Kraft, die das menschliche Tun belebt. Während dies geschrieben wird, gibt es überall auf der Welt Maschinen, die still stehen. Fabriken haben zugesperrt, Baumaschinen stehen verlassen, Parks und Büchereien werden geschlossen, und Millionen verlieren ihre Wohnungen und hungern, während

ganze Wohnblöcke leer stehen und das Essen in den Supermärkten verrottet. Wo doch aber alles immer noch vorhanden ist, was man an menschlicher Arbeitskraft und Material braucht, um Häuser zu bauen, Essen zu verteilen und Fabriken zu betreiben. Doch etwas Immaterielles, der belebende Geist ist entwichen. Was nicht mehr da ist, ist das Geld. Das was als einziges fehlt, ist so substanzlos (als Elektronen im Computer), dass man kaum sagen kann, es existierte überhaupt. Und doch ist es so mächtig, dass die Produktivität der Menschen ohne Geld zum Erliegen kommt. Auch auf der persönlichen Ebene können wir sehen, wie demotivierend es ist, wenn das Geld fehlt. Denken Sie nur an das Stereotyp vom arbeitslosen Mann, der fast pleite in seinem Unterhemd vor dem Fernsehapparat lümmelt, mit dem Bier in der Hand, kaum fähig aufzustehen. Geld belebt scheinbar nicht nur Maschinen, sondern auch Menschen. Ohne Geld sind wir mut- und antriebslos.

Uns ist nicht bewusst, dass unsere Vorstellung vom Göttlichen einen Gott erschaffen hat, der zu dieser Vorstellung passt, und wir haben ihm die Herrschaft über die Erde überlassen. Als wir Seele und Körper, Geist und Materie, Gott und Natur voneinander trennten, unterwarfen wir uns der Herrschaft einer Macht, die seelenlos, entfremdend, gottlos und unnatürlich ist. Wenn ich also das Geld heilig machen möchte, rufe ich keine höhere Macht an, die den leblosen, profanen Objekten der Natur Heiligkeit einflößen soll. Ich berufe mich auf eine frühere Zeit vor der Trennung Geist und Materie, als noch allen Dingen Heiligkeit innewohnte.

Und was ist nun das Heilige? Es hat zwei Eigenschaften: Einzigartigkeit und Verbundenheit. Ein heiliges Objekt oder Wesen ist einzigartig und daher unendlich wertvoll. Es ist unersetzlich. Es hat kein Äquivalent und daher keinen endlichen “Wert”, denn Wert kann nur durch Vergleich bestimmt werden. Geld ist wie alle Maßeinheiten eine Norm, die Vergleiche ermöglicht.

Das Heilige ist einzigartig – trotzdem ist es auch untrennbar von dem, was an seiner Entstehung beteiligt war, von seiner Geschichte, und vom Platz, den es unter allem, was ist, einnimmt. Sie mögen jetzt denken, dass eigentlich alle Dinge und alle Beziehungen heilig sind. Das könnte stimmen, aber selbst wenn wir das vom Kopf her für richtig halten, können wir es doch nicht immer fühlen. Manches erscheint uns heilig, anderes nicht. Das, was wir heilig nennen, soll uns an die Heiligkeit in allen Dingen erinnern. Unsere Welt heute wurde ihrer Heiligkeit beraubt. Nur sehr weniges gibt uns das Gefühl, in einer heiligen Welt zu leben. Standardisierte Massenware, Reihenhäuser, identisch verpacktes Essen, und anonyme Beziehungen zu Menschen, die hinter ihren Rollen in Institutionen verschwinden – all das stellt die Einzigartigkeit der Welt in Abrede. Wir wissen nicht, woher die Sachen kommen, Beziehungen sind anonym, und wir sehen nicht die wahren Konsequenzen der Produktion und der Entsorgung von Gütern – das alles hindert uns daran, eine Bezogenheit zu spüren. Daher können wir in unserem Alltag Heiligkeit nicht erleben. Von allem, was uns die Erfahrung von Einzigartigkeit und Bezogenheit verwehrt, steht natürlich das Geld an erster Stelle. Standardisierung war der ursprüngliche Grund für die Verwendung von Münzen. Jede Drachme, jeder Stater, jeder Schekel und jeder Yuan sollten funktionell identisch sein. Als ein universelles und abstraktes Tauschmittel ist Geld noch dazu von seinen Ursprüngen, von seiner Verbindung zum Stofflichen, abgeschnitten. Ein Dollar ist ein Dollar, gleichgültig von wem man ihn bekommen hat. Es erschiene uns kindisch, wenn jemand Geld, das er vor einem Monat bei der Bank eingezahlt hat, abhebt, und sich beschwert: “Hey, das ist nicht das selbe Geld, das ich eingezahlt habe! Das sind ja andere Scheine!”

Also ist ein monetarisiertes Leben unausweichlich auch ein profanes Leben, weil das Geld und die Dinge, die man damit kaufen kann, jene Eigenschaften nicht besitzen, die etwas heilig machen. Was ist der Unterschied zwischen einer Tomate aus dem Supermarkt und einer geschenkten aus Nachbars Garten? Was ist der Unterschied zwischen einem Fertigteilhaus und einem Haus, das unter meiner Mitwirkung von jemandem gebaut wurde, der mich und mein Leben kennt? Der Unterschied sind die persönlichen Beziehungen, die das Verhältnis zwischen den jeweils Gebenden und Empfangenden einzigartig machen. Wenn ein Leben voll von solchen Dingen ist, die mit Sorgfalt hergestellt wurden, und die alle ihre Geschichten haben, Dingen, die wir verbinden können mit uns bekannten Menschen und Orten, dann ist das ein reiches, ein nährendes Leben. Heute dagegen leben wir in einer Wüste von Gleichförmigkeit, von Unpersönlichkeit. Selbst nach

Kundenwunsch angefertigte Produkte sind, sofern sie massenproduziert wurden, nur leicht veränderte Variationen aus immergleichen Standardbauteilen. Diese Gleichförmigkeit stumpft die Seele ab und macht unser Leben billig.

Die Gegenwart des Heiligen wahrzunehmen ist wie die Rückkehr in ein Zuhause, das immer da war; wie eine Wahrheit, die immer existiert hat. Das kann passieren, wenn ich ein Insekt oder eine Pflanze beobachte, ein Konzert aus Vogelgezwitscher oder Froschrufen höre, wenn ich Schlamm zwischen meinen Zehen spüre, ein unglaublich kunstvoll gefertigten Gegenstand bewundere, wenn ich die scheinbar unmöglich zu koordinierende Komplexität einer Zelle oder eines Ökosystems begreife, eine Gleichzeitigkeit oder ein Zeichen in meinem Leben erkenne, wenn ich Kinder glücklich spielen sehe, oder wenn mich das Werk eines Genies berührt. So außergewöhnlich diese Erfahrungen sein mögen, sie sind doch durch nichts vom Rest unseres Lebens getrennt. Ihre Kraft kommt gerade daher, dass sie uns einen flüchtigen Blick in eine wirklichere Welt erlauben, eine heilige Welt, die unserer eigenen zugrunde liegt und auf sie einwirkt. Was ist dieses “Zuhause, das immer da war”, diese “Wahrheit, die immer existierte”? Es ist die Wahrheit von der Einheit oder Verbundenheit aller Dinge; es ist das Gefühl, teilzuhaben an etwas, das größer ist als man selbst, und das zugleich dieses “Selbst” ist. In der Ökologie gibt es den Begriff der Interdependenz: Das Überleben aller Wesen ist abhängig von allen anderen Lebewesen, die sie umgeben, und dieses Netzwerk der gegenseitigen Abhängigkeit weitet sich letztlich auf den ganzen Planeten aus. Das Aussterben einer Art verletzt unsere eigene Ganzheit, unsere eigene Gesundheit, unser eigenes Selbst; es geht etwas von unserem ureigensten Sein verloren.

Wenn das Heilige das Tor zum grundlegenden Einssein aller Dinge ist, dann ist es genauso das Tor zur Einzigartigkeit und Besonderheit jedes einzelnen Dings. Ein heiliges Objekt ist einmalig; sein einzigartiges Wesen kann nicht als Mischung aus verschiedenen allgemeinen Eigenschaften begriffen werden. Deshalb beraubt die reduktionistische Wissenschaft die Welt scheinbar ihrer Heiligkeit, wenn sie versucht, jedes Ding als Kombination aus einer Handvoll allgemeiner Bestandteile zu erklären. Diese Vorstellung spiegelt sich in unserem Wirtschaftssystem wider, das sich aus allgemeinen Komponenten zusammensetzt wie standardisierten Waren, Stellenbeschreibungen, Prozessen, Daten, Vorgaben und Ergebnissen, und – am allgemeinsten und abstraktesten – dem Geld. Das war früher nicht so. Stammeszugehörige sahen einander nicht vor allem als einer bestimmten Klasse zugehörig, sondern als einzigartige, beseelte Individuen. Selbst Felsen, Wolken und scheinbar identische Wassertropfen hielt man für fühlende, einzigartige Wesen. Von Menschenhand gefertigte Produkte waren auch einzigartig, indem sie sich durch ihnen eigene Unregelmäßigkeiten voneinander unterschieden – die Handschrift ihres Erzeugers. Hier war der Zusammenhang zwischen den beiden Eigenschaften des Heiligen, Verbundenheit und Einzigartigkeit: Etwas Einzigartiges behält das Merkmal seiner Herkunft, es nimmt seinen unverwechselbaren Platz im großen Ganzen ein, seine Existenz ist bedingt durch den Rest der Schöpfung. Standardisierte Objekte, Waren, sind uniform und nicht in diese Beziehungen eingebettet.

In diesem Buch werde ich eine Vision beschreiben, in der das Geldsystem und die Wirtschaft heilig sind und einen Rahmen für die wechselseitige Bezogenheit und Einzigartigkeit aller Dinge schaffen. Nichts wird mehr vom natürlichen Urgrund getrennt sein, weder tatsächlich noch in der Wahrnehmung. Diese Vision vereint die so lange getrennten Sphären von Mensch und Natur. Es ist eine Erweiterung des Ökosystems, die alle Gesetze der Natur berücksichtigt und ihre ganze Schönheit beinhaltet.

Innerhalb jeder Institution in unserer Zivilisation, egal wie hässlich oder korrupt, liegt der Keim für etwas Schönes: der gleiche Ton, nur eine Oktave höher. Geld ist dabei keine Ausnahme. Sein ursprünglicher Zweck war es einfach, zwischen den Fähigkeiten und Bedürfnissen von Menschen zu vermitteln, damit wir alle in größerem Wohlstand leben können. Wie es dazu kam, dass Geld nun aber Knappheit statt Fülle und Trennung statt Verbundenheit schafft, ist eine der Fragen, denen dieses Buch nachgehen wird. Was auch immer inzwischen daraus geworden ist – dieses ursprüngliche Ideal von Geld als Vermittler zwischen Fähigkeiten, zwischen Gaben, lässt uns einen

Blick darauf erhaschen, was Geld eines Tages wieder heilig machen wird. Wir spüren, dass der Austausch von Geschenken ein heiliges Ereignis ist, deswegen beschenken wir einander instinktiv im Rahmen von Zeremonien. Heiliges Geld wird in Zukunft kein Tausch- sondern ein Schenkmittel sein. Es wird die globale Wirtschaft mit jenem Geist des Schenkens durchdringen, der in Stammes-und Dorfkulturen vorherrschte und auch heute noch dort zu finden ist, wo wir außerhalb der geldbasierten Wirtschaft etwas füreinander tun.

Eine Geldreform ist kein Allheilmittel für die Welt, und sie sollte auch keine Priorität über andere Bereiche des Aktivwerdens haben. Wenn wir nur Bits im Computer neu kombinieren, wird das nichts an der ganz realen materiellen und sozialen Verwüstung auf unserem Planeten ändern. Dennoch kann heilende Arbeit auf jedem anderen Gebiet nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn gleichzeitig auch das Geld transformiert wird, so eng ist es mit unseren sozialen Strukturen und Lebensgewohnheiten verflochten. Die wirtschaftlichen Veränderungen, die ich beschreibe, sind Teil einer alles umfassenden Wende, die keinen Lebensbereich unberührt lässt.

Die Menschheit beginnt erst, das wahre Ausmaß der gegenwärtigen Krise zu begreifen. Wenn die Transformation der Wirtschaft, wie ich sie beschreibe, wunderlich erscheint, dann deswegen, weil wir ein Wunder brauchen, um unsere Welt zu heilen. In allen Bereichen, vom Geld über die Umwelt, über Politik und Technologie bis hin zur Medizin brauchen wir Lösungen, die über das hinausgehen, was zur Zeit möglich scheint. Zum Glück wächst das Wissen um unsere Möglichkeiten, während unsere alte Welt auseinanderfällt, und mit dem Wissen wachsen unser Mut und unsere Bereitschaft zu handeln.

Die heutige Konvergenz der Krisen (Geld-, Energie-, Erziehungs-, Gesundheits-, Wasser-, Boden-, Klima-, Politik- und Umweltkrise etc.) ist eine Geburtskrise, die uns aus der alten Welt in eine neue befördert. Diese Krisen dringen unvermeidbar in unser persönliches Leben ein. Unsere Welt fällt auseinander, und auch wir werden in eine neue Welt, in eine neue Identität hineingeboren. Deshalb spüren so viele Menschen die spirituelle Dimension der planetarischen Krise, ja sogar der Wirtschaftskrise. Wir ahnen, dass der “Normalzustand” nicht mehr zurückkommen wird, dass wir dabei sind, in einen neuen Normalzustand hineingeboren zu werden: eine neue Art von Gesellschaft, eine neue Beziehung zur Erde, eine neue Wahrnehmung dessen, was es heißt, Mensch zu sein.

Ein Plan zur Heilung von Mensch und Erde

Der „Plan der Heilungsbiotope“ ist eine globale Friedensstrategie, die seit über 30 Jahren von Dr. Dieter Duhm, Sabine Lichtenfels, Charly Rainer Ehrenpreis und anderen in Theorie und Praxis entwickelt wurde mit dem Ziel,einen globalen Heilungsvorgang auf der Erde – eine Zukunft ohne Krieg – einzuleiten.

Der Plan beruht auf einer konkreten Vision. Wo immer schon möglich, wurde diese Vision von Dieter Duhm in Form der „Planetarischen Theorie“ auf modernste wissenschaftliche Grundlage gestellt. Sie begründet, warum und wie nur wenige spezielle Zentren, sogenannte „Heilungsbiotope“, weltweit genügen, um das bestehende Informations-feld von Angst und Gewalt durch ein neues, global wirkendes Informationsfeld von Vertrauen und Kooperation zu ersetzen.

Wie können diese lokalen Zentren zu einer globalen Wirkung kommen? Die Antwort ergibt sich aus den Eigentüm-lichkeiten holistischer (ganzheitlicher) Systeme, deren Funktionsweise und Parameter u.a. auch in der „Planeta-rischen Theorie“ beschrieben werden. „Entscheidend für den Erfolg dieser lokalen Zentren ist nicht, wie groß und stark sie sind (im Vergleich zu den bestehenden Gewaltapparaten), sondern wie umfassend und komplex sie sind, wie viele Elemente des Lebens sie auf gute Weise in sich zusammenfügen und vereinigen. In den Feldbildungen der Evolution gilt nicht das „Recht des Stärkeren “, sondern der „Erfolg des Umfassenderen “. Andernfalls hätte sich keine neue Entwicklung durchsetzen können, denn sie haben alle „klein und unscheinbar “ begonnen (Teilhard de Chardin). “ (Aus „Zukunft ohne Krieg“ von Dieter Duhm)

Was ist ein „Heilungsbiotope“?

Ein Heilungsbiotop ist das Modell einer zukünftigen Gesellschaft. So, wie ein neuer Prototyp erst in einem Labor entwickelt werden muß, so liegt auch dem „Plan der Heilungsbiotope“ der Gedanke zugrunde, eine neue Gesellschaft zunächst im Modell aufzubauen, bevor sie in großem Maßstab anwendbar ist.

In einer zukünftigen Kultur des Friedens sind die globalen Probleme gelöst oder in Lösung begriffen, die heute weltweit zu Krieg führen. Heilungsbiotope sind demnach Orte, an denen diese Lösungen vorbereitet werden. Die Ergebnisse müssen verallgemeinerbar sein und allen Menschen zur Verfügung stehen, die danach suchen. Heilungs-biotope sind so organisiert, daß die verschiedenen Lösungen miteinander vernetzt werden können, bis das Bild einer Gesamtlösung sichtbar wird.
Aus Gründen der Überschaubarkeit unterteilen wir die Gesamtlösung in:

1. Das Thema der materiellen Lebensgrundlage
2. Das Thema der sozialen Lebensgrundlage
3. Das Thema der geistigen Lebensgrundlage

In allen drei Bereichen braucht der Mensch neue Antworten, damit eine gewaltfreie Zukunft eingeleitet werden kann.

Das Problem der materiellen Lebensgrundlage drückt sich aus im weltweiten Mangel an Wasser, Nahrung und Energie. Desertifikation, Hunger und „Peak Oil“ sind nur einige der Stichworte für diesen Mangel. Er ergibt sich aus einem fundamental falschen Umgang des Menschen mit Erde, Wasser und Natur. Die notwendige Korrektur besteht darin, daß die von Menschen gemachten Systeme in Übereinstimmung gebracht werden mit den unerschöpflichen Systemen und Energiequellen von Natur und Schöpfung.

Konkret besteht die Lösung im Aufbau von dezentralen, regional autarken, wasserreichen und nachhaltigen Lebens-zentren von bis zu einigen Tausend Bewohnern. Mit Hilfe von „Wasser-Retentionslandschaften“, Permakultur- und Friedensgärten sowie lebensgesetzlich arbeitender Energietechnologien sind diese Zentren (in entsprechender An-zahl) in der Lage, innerhalb weniger Jahre bis Jahrzehnte die gesamte Menschheit mit ausreichender Nahrung, sauberem Trinkwasser und notwendiger Energie zu versorgen. Gleichzeitig heilen sie die Natur, deren Ökosysteme und Lebewesen. Der Widerspruch zwischen ökonomischem Wachstum und Schutz der Natur ist aufgelöst. Die neuen Energietechnologien beruhen nicht mehr auf der Brechung von Widerständen, sondern folgen einer „line of tension“ (Sog, Implosion). Sie verbinden die neuen Zentren mit den unerschöpflichen Energiequellen von Sonne und Kosmos. Der Kampf um Rohstoffe ist beendet.

Die soziale Lebensgrundlage ist heute in allen Gesellschaften zerstört. Die Menschheit hat die Fähigkeit verloren, in Frieden zusammenzuleben. Angst, Entfremdung und Mißtrauen führen zu unlösbaren Konflikten von den kleinsten Lebenssystemen von Ehe und Familie bis hin zu den großen globalen Krisenherden und Kriegen. Jederzeit kann die latente Gewaltbereitschaft aufbrechen und benutzt werden für Kriege und grausamste Auseinandersetzungen.

In den Heilungsbiotopen soll gezeigt werden, wie durch den Aufbau neuer Lebensumfelder strukturell und dauer-haft Kooperation und Vertrauen entsteht. Die Veränderung geschieht nicht (nur) durch individuelle Therapie oder Appelle. Es ist das gesellschaftliche Sein, welches das Bewußtsein bestimmt. Ein neuer Typ von Vergesellschaftung ist die höhere Ordnungsebene, auf der die bisher unlösbaren Konflikte lösbar werden. Die Menschen in diesen neuen Gemeinschaften unterstützen sich gegenseitig, helfen einander und ihren Mitgeschöpfen, nicht mehr, weil sie einem äußeren moralischen Gebot folgen, sondern weil sie erkannt haben, daß alles Lebendige Teil der Einen großen Lebensfamilie ist, der sie auch selbst angehören.

Im Zentrum der Vertrauensbildung steht die Versöhnung der Geschlechter. Es kann auf der Welt keinen Frieden ge-ben, solange in der Liebe Krieg ist. Die patriarchale, von Männern dominierte Gesellschaft muß sich wandeln zu einer Lebensform, in der Frauen und Männer wieder Verbindung aufnehmen mit ihrem sinnlichen Wissen und es einsetzen für eine zukünftigen Kultur der Partnerschaft zwischen Mann und Frau.

Der Kampf gegen die geistige Lebensgrundlage wird heute so total und so subtil geführt, daß er kaum als solcher wahrgenommen wird. Bemerkt werden erst wieder die Folgen wie Religionskriege, Bruderkämpfe, Herrschafts- und Unterwerfungsstrukturen, psychische Verelendung, gestaute Wut bis hin zur Selbstzerstörung. Die Menschheit hat ihren authentischen religiösen und ethischen Anker verloren.

Die „Rückkehr aus der Verbannung“ ist verbunden mit dem Erlernen einer neuen Weltsicht, einer Theorie des Urvertrauens, die das menschliche Herz wieder zu öffnen vermag. Aus diesem Lernprozeß gehen autonome, selbstständig denkende Menschen hervor, die sich nicht mehr strafenden Autoritäten unterordnen. Solche Men-schen haben einen kraftvollen Ich-Kern entwickelt und sind deswegen unkorrumpierbar. Sie machen das Leben selbst zur heiligen Instanz und schützen es, wo immer sie sind. Heilungsbiotope sind spirituelle Ausbildungsstätten für diese Art von Mensch, für Adam Kadmon, für den Menschen, der seine „Christusnatur “ (Wilhelm Reich) oder „marianische Natur “ entfalten möchte.

Zum Stand des Umsetzung

Der Plan der Heilungsbiotope ist geistig ausgereift und vorgedacht. 1995 wurde das erste Heilungsbiotop – Tamera in Portugal – gegründet. Heute leben und arbeiten dort ca. 170 MitarbeiterInnen, StudentInnen, Jugend-liche und Kinder. In den ersten Jahren wurde intensiv am Aufbau einer tragfähigen Gemeinschaft gearbeitet. Nach und nach entstanden die Abteilungen für Ökologie (Wasser-Retentionslandschaften), Technologie (Solar Village) und Ernährung, das Tierprojekt, die Kinder-Republik, der Jugendplatz, das Gästehaus, das Ausbildungszentrum, die Abteilung für Kunst, die Liebesschule, der Politische Ashram, das Institut für globale Friedensarbeit. Der Globale Campus wurde aufgebaut mit Kooperationspartnern in Israel-Palästina, Kolumbien, Mexiko, Brasilien und Indien. Ein internationales Netzwerk verbindet Tamera mit Projekten und Einzelpersonen in Europa, Nordamerika, Russland, Australien; seit einiger Zeit speziell auch mit Kenia und Bolivien. So könnten die ersten Stützpunkte entstehen für weitere Heilungsbiotope.

Das Projekt ist im Kern herangebildet. Jetzt steht es vor einer nächsten globalen Größenordnung und braucht dafür internationale Unterstützung, Geldgeber und Medienspezialisten.

Nächste Schritte

1. Aufbau eines globalen geistigen Feldes: Die Idee der Heilungsbiotope, die dahinter liegende Lebensperspektive, die Grundgedanken, sowie alle bisher gefundenen und verallgemeinerbaren Teillösungen sollen weltweit bekannt gemacht werden. Dadurch werden sie zu unzerstörbarem Allgemeinwissen.

Dafür braucht es eine nächste Größenordnung für die politische Abteilung von Tamera mit den Bereichen: Globaler Campus, Institut für globale Friedensarbeit, Verlag Meiga, Internet- und Medienagentur.

2. Die Verbreitung der Idee wird mehr oder weniger von selbst dazu führen, daß sogenannte „Modell-Universitäten“ in den verschiedenen Ländern entstehen, in denen das ökologisch-technologische, wie auch das geistige und soziale Know How für den Aufbau funktionierender Gemeinschaften aufgegriffen wird. Dieser Prozeß muß finanziell und politisch unterstützt und geschützt werden.

3. Tamera wird den globalen Erfordernissen entsprechend zum zentrale Ausbildungsort, bis diese Funktion auch von den „Modell-Universitäten“ übernommen werden kann. Dafür werden vor allem Gelder gebraucht für den Ausbau der Ausbildungsstätte, den Stipendienfond und den Betrieb der Lehrgärten und Lehrbaustellen.

Die gesamte Menschheit lebt heute im System des globalen Kapitalismus, welches in der Hauptsache auf der Maximierung des Profits beruht, unter Ausbeutung des größten Teils der Menschheit und der gesamten Natur. Es folgt der Frage: Wie kann man aus dem, was gegeben ist, in möglichst kurzer Zeit den höchsten Gewinn erzielen, koste es für das Leben, was es wolle? Dieses Vorgehen hat spätestens seit dem 1. Weltkrieg dazu geführt, dass der Mensch über die Funktion des Geldes in zunehmendem Maß eine überdimensionale Kriegsgesellschaft aufgebaut hat, die den Krieg benutzt, um das kapitalistische Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten. Mehr noch: Sie braucht den Krieg, um zu funktionieren. Krieg von Völkern gegen Völker mit Hilfe einer riesigen Waffenindustrie und Krieg von Menschen gegen die Natur mit Hilfe einer ebenso riesigen chemischen und technischen Industrie. Jede moderne Volkswirtschaft ist auf die moderne Waffenindustrie und die Industrie für den Wiederaufbau zerstörter Länder angewiesen. Seit der Globalisierung des Geldmarktes ist jeder Mensch der Geldgesellschaft Teil dieses Systems.

Edward Goldsmith hat im letzten Kapitel des von ihm herausgegebenen Buches „Schwarzbuch der Globalisierung“ die derzeitige Situation der Menschheit eindrücklich beschrieben; ich fasse seine Analyse hier kurz zusammen:

Als 1995 bei der so genannten Uruguay-Runde die Welthandelsorganisation WTO als das wichtigste Instrument der Globalisierung gegründet wurde, suggerierte man den Menschen, dass die Globalisierung zum Wohl aller Lebewesen auf der Erde eingeführt würde. Viele glaubten das auch, denn die Argumente schienen einleuchtend zu sein und „Globalisierung“ lag (z.B. in Folge des Internet) als nächster Entwicklungsschritt der Menschheit in der Luft. Es ist jedoch eine Tatsache, dass seitdem die Kluft zwischen Arm und Reich ständig größer wurde, die Umwelt schwerer belastet wurde als je zuvor und Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Unterernährung, Obdachlosigkeit und Krankheiten immer weiter anwachsen.

Dies liegt vor allem daran, dass die lokalen Wirtschaften unter dem Druck der Globalisierung weitgehend zusammengebrochen sind. Kaum eine ehemalige Subsistenzwirtschaft kann den Konkurrenzdruck der multinationalen Konzerne überleben, kein unterentwickeltes Land sich unter den Bedingungen des IWF und der Weltbank wirklich entwickeln.

Mit dem zunehmenden Verschwinden der lokalen Autarkien verschwand aber auch der soziale Zusammenhalt der Stammesgesellschaften (bei den indigenen Völkern) bzw. der Gemeinwesen in den Ländern der westlichen Welt. Deren bisherige soziale Funktion fiel nun aus, was zu großen Problemen z.B. bei der
Alters- und Krankenversorgung führte, zu erhöhter Kriminalität usw. Aber auch hierfür bietet die Globalisierung ihre Lösungen: die Privatisierung aller bisher von den Gemeinwesen übernommenen sozialen Funktionen. Da diese sozialen Leistungen aber jetzt bezahlt werden müssen, erhöhen sich die Lebenshaltungskosten aller Menschen, wobei einige wenige Reiche an diesem System verdienen. Es setzt so etwas wie eine Atomisierung der Gesellschaft ein, d.h. die völlige Privatisierung und letztlich Isolierung des Einzelnen.

Noch vor 100 Jahren wurden die sozialen Funktionen von den Großfamilien, Gemeinschaften und Gemeinden übernommen. In diesen erzeugte man die benötigte Nahrung weitgehend selbst, auch die Kleidung, man erzog die Kinder, versorgte die Alten und Kranken und erhielt die Sozialordnung (auch die Rechtsprechung) aufrecht. Dieses „soziale Wirtschaftssystem“ kam fast vollständig ohne Geld aus! Es basierte auf dem „sozialen Kapital“ der Gemeinschaft bzw. der Gemeinwesen.

Die Globalisierung verwandelt alle sozialen Tätigkeiten in Waren; diese werden privatisiert, d.h. in vielen Fällen in die Hände multinationaler Konzerne gegeben, damit sie global vermarktet und gehandelt werden können. Durch diesen Vorgang aber werden diese Tätigkeiten aus ihrem natürlichen sozialen Kontext herausgelöst, d.h. sie werden letztlich entseelt.

Das Gleiche, was die Globalisierung mit den sozialen Bindungen tut, tut sie auch mit den ökologischen Bindungen in den natürlichen Biotopen und Kreisläufen. Zunehmend werden hochkomplexe Ökosysteme zerstört, um Monokulturen, industrielle Landwirtschaft oder überdimensionierte Stauseen anzulegen, mit den bekannten Nebenwirkungen des Treibhauseffekts und der Veränderung des Weltklimas.

Mit einem Satz: Die Globalisierung ersetzt die sozialen Funktionen der lokalen Gemeinwesen durch die globale Geldwirtschaft und die natürlichen Funktionen der Biosphäre durch eine nicht naturgemäße Technik.

Diesem Vorgang lag die zunehmende Auflösung der lokalen Gemeinwesen (Stamm, Großfamilie, Gemeinden) in die verstümmelte Form der Kleinfamilie zugrunde. Sie ist keine autarke soziale und wirtschaftliche Einheit und sie ist ökologisch nicht mit ihrer Umwelt verbunden. So entwurzelt sie den Menschen und entfremdet ihn von seinen Quellen des Daseins, von Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Selbständigkeit und Sinn im Leben. Auch der Begriff der Demokratie wurde verstümmelt, denn die ursprünglichen sozialen Einheiten, in denen er entwickelt wurde, bestehen gar nicht mehr. In den heutigen Megasystemen hat der Einzelne kaum noch Möglichkeiten, über sein Leben zu bestimmen. Auch weltumspannende politische Entscheidungen werden heute nicht mehr von den einzelnen Staaten getroffen, sondern wurden durch die Einführung der WTO, der internationalen Handelsabkommen usw. an eine „De-facto-Weltregierung“ abgegeben, die ihre Entscheidungen jenseits von parlamentarischer oder demokratischer Legitimation trifft. Ihre Entscheidungen werden kaum noch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So wird immer weniger durchschaubar, wie viel Druck die multinationalen Konzerne auf die politischen Entscheidungsträger ausüben. Damit verschleiern sie, dass sie – und nur sie – die großen Gewinner der Globalisierung sind.

Eine wirkliche Demokratie basiert vor allem auf der Wiedereinführung von lokaler wirtschaftlicher und sozialer Eigenständigkeit. Dazu gehört die Verwurzelung der Menschen mit dem Ort, an dem sie leben, das Herstellen ihrer Nahrung, ihrer Kleidung und ihrer Wohnungen. Auch gehört dazu die Wiedereinbettung der Menschen in ihre natürlichen Ökosysteme, in denen sie leben, und die autonome Verwaltung ihrer Ressourcen (Boden, Wasser, Luft, Tiere, Pflanzen, …). „Nur, wenn diese ganze Gemeinschaft (gemeint ist die ökologische Gemeinschaft) gesund ist, können auch ihre Mitglieder auf eine nachhaltige Weise körperlich und geistig gesund sein und bleiben“ (Wendell

Berry, nach Edward Goldsmith). Nur auf diese Weise wird es möglich sein, auch die Umwelt nachhaltig das sein zu lassen, was sie ist: unsere elementare Lebensgrundlage, die uns am Leben erhält. Die lokalen Wirtschaftssysteme können viel verantwortlicher darauf achten, dass sie den Bedarf an Energie und Ressourcen nachhaltig verwalten. Auch die Versorgung der Bedürftigen (Kranke, Alte, …) kann wieder in diese lokalen Sozialsysteme integriert werden.

Viele Menschen werden also wieder lernen müssen, außerhalb der globalisierten Wirtschaft zu überleben. Es werden autarke Gemeinwesen entstehen müssen, die ihre Lebensnotwendigkeiten wieder in ihre eigenen Hände nehmen. Diese Gemeinwesen werden sich aber nicht „zurückentwickeln“, sondern die naturgemäßen Erfindungen unserer Zeit nutzen, z.B. die dezentrale Energiegewinnung aus Solarenergie, Wind- und Wasserkraft, die Erkenntnisse der modernen Ökologie (Wassermanagement, Permakultur usw.), des naturgemäßen Bauens, der alternativen Medizin usw.

Diese erweiterte Anti-Globalisierungsbewegung, diese „Partei der Gemeinwesen“, wird zwar zunächst wenig Geld und Macht haben, aber die Zahl ihrer Mitglieder wird notwendigerweise immer mehr anwachsen. „Wenn eine solche Partei an die Macht käme, könnte sie eine koordinierte Strategie für einen weniger schmerzhaften Übergang zu der Art von Gesellschaft und Wirtschaft entwickeln und umsetzen, die unseren Kindern auf diesem bedrohten Planeten überhaupt noch eine Zukunft zu bieten hat“. (Wendell Berry, nach Edward Goldsmith)

So weit meine Zusammenfassung der Analyse von Edward Goldsmith.

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Ich bin der Gründer eines Gemeinschaftsprojekts, das heute Tamera heißt. Tamera ist ein Friedensforschungszentrum im südlichen Portugal. Das Projekt ist in der Welt bekannt geworden durch die Konzepte für ökologische und soziale Erneuerungen und durch die globale Schule (“Global Campus”), mit der die Gedanken für eine neue Erde in der Welt verbreitet werden. Im Zentrum unserer Forschungsarbeit standen von Anfang an die Themen von Sexualität, Liebe und Partnerschaft. Eine humane Kultur entsteht aus einem humanen Verhältnis der Geschlechter. Für diese Arbeit haben wir unter Leitung von Sabine Lichtenfels die “globale Liebesschule” gegründet. Im Folgenden will ich erklären, warum wir das Thema von Sexualität und Liebe in das Zentrum unserer Arbeit stellen mussten.

In den Nachrichten kam wieder eine von diesen schrecklichen Geschichten im deutschen Alltagsleben: Ein freundlicher Mann, der bisher unauffällig gelebt hat, hat während der Abwesenheit seiner Frau seine drei kleinen Kinder und anschließend sich selbst umgebracht.

Ein Einzelfall? Und die vielen anderen Fälle? Das tägliche Drama mißglückter Liebesbeziehungen und Ehen, die Verzweiflung der Partner, das Leiden der Kinder, die steigende Wut und die folgende Explosion: Rache, Gewalt, Krieg. Das Thema der gescheiterten Liebe, der Trennungsangst, der Eifersucht und der Verzweiflung ist nicht nur ein privates Thema, sondern ein menschheitliches. Das Drama der Menschheit ist zum großen Teil das Drama der unerfüllten Liebe. Wieviele Morde gehen auf das Konto enttäuschter Liebe? Wieviele Frauen werden erschlagen, weil Männer sich von ihnen nicht akzeptiert fühlen? Wieviel Kinderleid, wieviel trostlose Verlasseneit wird täglich neu erzeugt in einer Gesellschaft, die ihr Liebesthema und ihr sexuelles Thema nicht gelöst hat? Wenn wir einmal die Augen geöffnet haben für den Schmerz der Welt, finden wir keinen leichten Trost – und doch gibt es eine globale Heilung.

Im seelischen Zentrum der menschlichen Welt steht das Verhältnis der beiden Geschlechter Mann und Frau, denn Mann und Frau sind die beiden Hälften des Menschen, sie sind seelisch und leiblich aufeinander angewiesen. Mann und Frau zeugen zusammen die Kinder. Dieser Zeugungsakt ist mit einer hohen physischen und psychischen Lust verbunden. Was für ein Geschenk aus dem Universum, daß die Fortpflanzung der Menschheit mit Lust und Freude verbunden ist! Die beiden Hälften müssen richtig zusammenkommen, damit das menschliche Leben gut funktionieren kann. Wenn sie nicht richtig zusammenkommen, wird es weiterhin die menschlichen Katastrophen geben, Katastrophen wie Krebs, Kinderpornografie, Sadismus, Haß, Gewalt und Krieg. Auch die Tierwelt leidet unter dem Schmerz der Menschen, denn die alltäglichen Massaker, die heute in Schlachthöfen oder Tierlabors an Tieren begangen werden, können nur geschehen, wenn die Menschen ihr Herz verschlossen haben.

Die unfaßliche Gewalt, mit der heute weltweit gegen Menschen und Tiere vorgegangen wird, ist die Aktion verschlossener Herzen. Sie ist auch die Aktion von Banken, Logen und Konzernen, aber deren Pläne können nur durchgeführt werden von einer Gesellschaft, die an kollektivem Herzverschluß leidet. Solange die beiden Hälften des Menschen nicht richtig zusammengekommen sind, besteht in der Seele ein inneres Unglück, das nicht durch Reichtum und Komfort gestillt werden kann. Es ist dieses Unglück der unerfüllten Liebe, welches gegen alle moralischen oder religiösen Appelle immer wieder das “Böse” produziert. Es sind unvorstellbare Dinge, die sich heute hinter den Kulissen der bürgerlichen Welt abspielen. Eheliche Vergewaltigungen, familiäre Tragödien, Eifersuchtsmorde und Kindesmißhandlungen sind an der Tagesordnung. Wie muß es in der Seele erwachsener Menschen aussehen, wenn sie ihre sexuellen Triebe durch Sex mit Kindern befriedigen müssen! Hier hilft keine moralische Empörung, hier hilft allein der Aufbau einer neuen Sexualkultur, die den Menschen die Freude zurückgibt, die sie in der liebesfeindlichen Welt verloren haben.

Im Verhältnis der beiden Geschlechter liegt das Mysterium der Liebe und der Sexualität. Die tiefste menschliche Sehnsucht ist die Sehnsucht nach dieser Liebe, nach der seelischen Liebe wie nach der sinnlichen, leiblichen. Was ist das für eine Glückseligkeit, mit der sich Mann und Frau beim ersten Mal umarmen – und was ist nach zehn Jahren davon übriggeblieben? Erfüllte Sexualität ist – wie erfüllte Religion – ein Fundament des menschlichen Glücks. Die Geschlechter haben sich jahrhundertelang gesucht und verfehlt. Und sie werden sich weiterhin suchen und verfehlen, bis eine Lösung gefunden ist. Die Welt liegt im Liebeskummer. Die Heilung dieses Liebeskummers ist eine globale Hauptaufgabe unserer Zeit. Wir stehen vor einer neuen Stufe der Evolution. Wenn der latente Geschlechterkrieg beendet ist, wird es keinen Krieg mehr geben auf der Erde.

Der globale Schmerz in der Liebe ist die Folge einer mehrtausendjährigen Kriegsgeschichte. Es ist die Folge einer Kette von unvorstellbaren Grausamkeiten, die im Namen patriarchaler Machtansprüche an Menschen, vor allem an Frauen begangen wurden. Wir alle tragen dieses kollektive Trauma als Erbgedächtnis in unseren Zellen; wir alle folgen den unbewußten Informationen von Angst und Gewalt. Die patriarchale Welt brauchte für den Aufbau ihrer Macht in Kirche und Staat die Unterdrückung der Sexualität und die Unterwerfung der Frau unter die Gebote männlicher Herrschaft. Der Gehorsam der Frau war eine Bedingung der männlichen Potenz. Sex und Macht wurden unlöslich verbunden. Frauen, die nicht gehorchten, wurden bestraft oder beseitigt wie Hypathia von Alexandria. Die männliche Gewalt gegen die Frau nahm in vielen Ländern unvorstellbare Formen an. Im Mittelalter erschien im Jahre 1487 der “Hexenhammer”: ein Buch für die Tötung aller Frauen, die nicht für die Fortpflanzung gebraucht werden. Das Buch ist von zwei Mönchen geschrieben worden und war schon bald nach der Bibel das meistgelesene Buch in Deutschland. Man muß diese Nachricht einige Male hören, um sie glauben zu können. Folgerichtig wurden Frauen, die durch ihre Attraktivität oder ihren Eigenwillen und ihren Mut auffielen, als Hexe verleumdet und lebendig verbrannt. Lebendig verbrannt!

Wenn man das weltweite Leiden auf weiblicher Seite einmal wahrgenommen hat, wundert man sich, daß es überhaupt noch liebesfähige Frauen gibt. Das ist eine tiefe Geschichte, ich möchte mich an dieser Stelle beim weiblichen Geschlecht bedanken. In der weiblichen Hälfte muß ein sehr stabiles und treues Herz wohnen, treu gegenüber der männlichen Hälfte, von der es einige Jahrtausende lang unterdrückt und geschlagen wurde. Was für ein Wahnsinn! Der Mensch hat die angeborene Quelle seiner Freude verstopft und dabei sich selbst zerstört. Generation für Generation, Jahrhundert für Jahrhundert hat er die falsche Propaganda weitergegeben, mit der das Fleisch verteufelt, Kinder gezüchtigt und Hexen verbrannt werden mußten. Was ursprünglich für die Liebe und die Freude da war, wurde geächtet und verfolgt. So begannen die Menschen, das zu hassen, was sie einst geliebt hatten. Noch heute leidet unsere Kultur an dieser Pervertierung der Werte. Nicht die Fleischeslust, sondern ihre Unterdrückung ist die Ursünde des Menschen. Man hat die Fleischeslust als Unzucht bezeichnet und mit grausamen Mitteln ausgetilgt. Seitdem war keine Wahrheit mehr möglich.

Die sexuelle Natur der Frau ist von Gott gegeben als eine Mitgift für ein freudevolles Leben auf der Erde. Die Fleischeslust ist die tiefste Lust, die uns für die Erkenntnis des Lebens gegeben worden ist. Aber welche Frau kann sich frei zu ihrer Natur, ihrer Sehnsucht und ihrem sexuellen Hunger bekennen? Und welcher Mann darf es wagen, von einer “sexuellen Natur” der Frau zu sprechen, ohne gleich als “Sexist” verleumdet zu werden? In jeder Frau lebt ein Teil jener Wildnatur, die durch die Ehe gezähmt werden sollte. Und jedem Mann begegnet in der Frau auch die Lilith, vor deren sexueller Macht er sich fürchtet. Die Wildnatur paßt nicht ins eheliche Gehäuse und auch nicht in die herkömmlichen Vorstellungen von Moral und Würde. Die pralle Ehefrau, die gehorsam an der Seite ihres Gatten lebt, befindet sich in einer heimlichen Dauerlüge der Verstellung. Der Mann spürt das, beobachtet sie und macht ihr tägliche Vorhaltungen. Die Kinder, die unter solchen Bedingungen zu wenig Liebe erhalten, fangen an zu lügen, zu klauen und zu prügeln – eine tragische Kette ohne Ende. Wir brauchen eine andere Ethik und eine andere Sexualkultur, um dem Ansturm sexueller Bilder und Energien gewachsen zu sein. Wenn wir weiterdenken, brauchen wir ein neues Verhältnis zur Wahrheit, zum Leben, zu allen Mitgeschöpfen, wir brauchen eine neue Zivilisation. Die soll durch das Konzept der globalen Heilungsbiotope eingeleitet werden.

Im Zentrum unserer Heilungsarbeit steht eine neue Beziehung der Geschlechter. Sie basiert auf Vertrauen und Solidarität. Damit sich die Geschlechter voreinander offenbaren können, brauchen sie ein Urvertrauen, welches in der patriarchalen Epoche kaum entstehen konnte. Wir brauchen neue Umgangsformen, neue soziale Strukturen und neue Vorstellungen von der Liebe, damit die alte Verzweiflung überwunden werden kann. Wir können die Erde vom Krieg befreien, wenn wir in der Lage sind, den Krieg in der Liebe zu beenden. Wir können die Erde von der Gewalt befreien, wenn wir in der Lage sind, die Gewalt in der Sexualität zu beenden – ohne unsere eigene Wildnatur zu unterdrücken! Die Leidenschaft darf bleiben. Wenn sie mit Vertrauen verbunden ist, führt sie nicht zu Gewalt, sondern zu temperamentvoller Zärtlichkeit. Es ist im Schöpfungsplan ganz wunderbar eingerichtet.

Es gibt im Inneren des Lebens etwas, das wir alle unendlich lieben. Wenn es der Menschheit gelingt, diesem Etwas Dauer zu geben, dann haben wir eine historische Glücksspur gewonnen. Die Weisheit des Ostens hat dafür einen schönen Merksatz formuliert: “Tao ist der Weg, den man nicht mehr verlassen kann. Der Weg, den man verlassen kann, ist nicht Tao.” Wie wäre es, das Wort “Tao” zu ersetzen durch diese allertiefste erkennende Liebe? Und die ist immer auch leiblich gemeint, die erkennende Liebe geht durch den Leib und durch das Fleisch, denn “das Wort ward Fleisch, und es wohnte unter uns.” Es ist geradezu phantastisch, wieviele Wahrheiten wir in der Bibel finden, wenn wir hinter die Verdrehungen blicken. Den Höhepunkt finden wir in der Geschichte vom Sündenfall, wo Adam den Apfel vom Baum der Erkenntnis aß und dann die sexuelle Freude entdeckte: “und Adam erkannte sein Weib.” Im Hebräischen gibt es für Erkenntnis und Beischlaf dasselbe Wort! Sie wußten es!

Die Heilung der Liebe geschieht kaum durch das Vier-Augen-Gespräch zweier Partner, denn die sind zu sehr involviert in ihr Problem. Die Heilung ist ein Thema der inneren Neugeburt. Um ein liebesfähiger Mensch zu werden, müssen wir lernen, uns nicht mehr um uns selbst zu wickeln, sondern teilzunehmen an der Welt. Teilnahme ist ein Geheimnis der Liebe. Wir kommen damit unvermeidlich in einen ethischen Bereich. Teilnahme bedeutet Vertrauen, Auflösung der Angstschranken, Überwindung von Vorurteilen, Öffnung der Riegel, die wir vor unser Herz geschoben haben. Um liebesfähige Menschen zu werden, müssen wir ein Lebenssystem entwickeln, in dem das wirkliche Vertrauen unter Menschen entstehen und wachsen kann. Die neuen Zentren – wir nennen sie Heilungsbiotope – sind Gewächshäuser des Vertrauens. Das ist der entscheidende Punkt. Um unsere Kommunen von den sexuellen Unwahrheiten zu befreien, haben wir das Konzept der “freien Sexualität” entwickelt. Aber freie Liebe und freie Sexualität haben nur einen humanen Sinn unter Menschen, die einander vertrauen. Es ist das Vertrauen, welches die Herzen und die Leiber öffnet, den Körperpanzer auflöst und die Seele heilt. Wir arbeiten in Tamera an ökologischen und technologischen Themen, an Wasserheilung, Permakultur und umweltfreundlicher Energie, aber die wichtigste Arbeit ist die Herstellung von Vertrauen unter den Studenten, den Mitarbeitern und den Kindern.

Wir brauchen eine funktionierende Gemeinschaft, um diese Dinge tun zu können. Die Themen, die mit dem Bereich von Sex, Liebe und Partnerschaft verbunden sind, sind viel zu gewichtig, um von zwei Menschen allein getragen werden zu können. Es sind historische, menschheitliche Themen. Wir brauchen Gemeinschaften, die das Thema kennen und sich auf eine grundsätzliche, absolute Solidarität geeinigt haben gegenüber allen, die sich mit ihrem Thema offenbaren. Wir haben dafür die Methode des SDForums eingeführt. SD heißt Selbstdarstellung und bedeutet eine Veranstaltung, wo sich der Darsteller vor der Gruppe vorbehaltlos zeigen kann mit seinen Ängsten und Konflikten, ohne verurteilt zu werden. Es geht dabei um das Erlernen von Solidarität. Wenn sich Menschen in denselben Nöten erkennen, brauchen sie sich weniger zu maskieren und können vertrauensvoller zusammenleben. “Gesehen werden heißt geliebt werden.” Das ist ein wahrer Satz. Aber man braucht Mut, um sich sehen zu lassen. Wir mußten viele ungewöhnliche Methoden entwickeln, um im Liebesbereich den Weg der Wahrheit zu finden. Wir sind noch lange nicht fertig, aber vielleicht haben wir die Mitte der Hängebrücke schon überschritten. Es ist eine lange und manchmal mühselige Arbeit. Menschen, die in der Hoffnung auf schnellen Sex nach Tamera kommen, sollten vielleicht lieber eine andere Adresse wählen.

Für das Zusammenleben der Geschlechter haben sich einige Grundregeln herausgebildet, die in den ethischen Kanon einer neuen Kulturgründung aufgenommen werden könnten:

1. Die Liebe ist das höchste Kulturgut der Menschheit.
2. Das Vertrauen der Geschlechter ist die Basis einer Zukunft ohne Krieg. Belüge niemals deinen Liebespartner.
3. Du kannst nur treu sein, wenn du auch andere lieben darfst. Freie Liebe und Zweierliebe schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander.
4. Eifersucht gehört nicht zur Liebe.
5. Partnerschaft lebt nicht von den Ansprüchen aneinander, sondern von der gegenseitigen Unterstützung.
6. Sadismus und Masochismus sind aus sexuellen Fehlsteuerungen hervorgegangen. Gewalt gehört nicht zur Sexualität und nicht zur Liebe.
7. Kein Sex mit Kindern.
8. Sexuelle Handlungen dürfen niemals gegen den Willen eines Partners begangen werden.
9. Es gibt in der Liebe keinen Besitzanspruch. Beziehungsprobleme können nicht juristisch gelöst werden, sondern durch die Hilfe einer solidarischen Gemeinschaft.
10. Wenn du eine Wahl hast zwischen Liebe und etwas anderem, dann folge der Liebe.

Im Verhältnis der Frauen zu den Männern haben sich Verhaltensmuster entwickelt, die wir vielleicht als den “weichen Feminismus” bezeichnen können. Die Frauen fangen an, ihre weibliche Quelle zu entdecken und damit eine eigene souveräne Kraft aufzubauen, die nicht mehr abhängig ist von der Beziehung zu einem einzigen Mann. Hier geschieht eine historische Neuverankerung der Frau im Holon des Lebens und der menschlichen Gesellschaft. Sabine Lichtenfels hat in ihrem Buch “Weiche Macht” (Seite 249) das neue Verhältnis folgendermaßen formuliert: „ Die Männerherrschaft hat über 3000 Jahre lang die Geschichte geprägt und dabei das Prinzip der harten Kraft aufgebaut. Die Macht männlicher Gesellschaften bestand im Brechen von Widerständen. Das äußerte sich in den Eroberungszügen, den Religionskriegen, den Erziehungsmethoden und den Methoden der Technik im Umgang mit der Natur. Durch diese Methoden ist der heutige Mann selbst in eine innere Sackgasse geraten, aus der er ohne weibliche Hilfe nicht mehr herausfindet. Wir wollen keine alten matriarchalen Strukturen wieder aufbauen, wir wollen auch nicht erneut die Männer dominieren oder bevormunden. Frauenmacht ist nicht gegen den Mann gerichtet und nicht gegen unsere Liebe zu den Männern, sie verläßt aber entschlossen diejenigen männlichen Strukturen, die zu der weltweiten Vernichtung des Lebens und der Liebe beigetragen haben. … Ohne unsere weibliche öffentliche Stellungnahme findet niemand mehr aus der Sackgasse heraus. Es liegt jetzt an uns Frauen, die politische und sexuelle Verantwortung wieder anzunehmen, die so lange gefehlt hat. Wir laden alle engagierten Männer ein, sich unserer Friedensarbeit anzuschließen.”

Die Heilung der Geschlechterliebe ist nicht beschränkt auf die Geschlechterbeziehung. Sie umfaßt auch ein neues Verhältnis zur Natur, eine Kooperation mit allen Mitgeschöpfen, die Heilung des Wassers und ein liebevolles Verhältnis zu Tieren. Wir brauchen eine neue Einordnung unserer Menschenwelt in die Gesamtwelt des Lebens, um uns zu heilen vom Urschmerz der Trennung.

Letztlich geht es um die Wiederverbindung mit “Omega”, dem göttlichen Zentrum in allen Dingen. In der Begegnung von Zentrum zu Zentrum vollzieht sich die Liebe, so schrieb Teilhard de Chardin. Das Ziel unserer Arbeit ist die neue Erde, Terra Nova. Solange noch ein einziges Kind verhungert, ein Mädchen beschnitten, eine Frau vergewaltigt, ein Tier gequält und ein junger Mann zum Krieg gezwungen wird, ist diese Welt nicht in Ordnung. Wir arbeiten weiter.

Für die Solidarität und Liebe der Geschlechter.
Für alle Kinder der Erde.
Für eine Zukunft ohne Krieg.

Dieter Duhm, Tamera, März 2013